Urkundenübersetzen - wie haben das die Kolleg:innen eigentlich früher gemacht?
von Regina Seelos
Eine so unscheinbare wie knifflige Aufgabe - Urkunden übersetzen
Und dazu die Frage: wie war das früher nur halbwegs rationell zu schaffen? Gut, man hat sich die aufwendige Formatierung vermutlich einfach gespart, da mit der Schreibmaschine gar nicht möglich war, was heute mit moderner Textverarbeitung möglich ist. Wie das früher aussah, bekommt man tatsächlich noch manchmal als alte Übersetzung zur weiteren Übersetzung in eine andere Sprache vorgelegt.
Was mich aber immer wieder beschäftigt ist:
Ortschaften und Namen!
Wie konnte man diese verifizieren? Mit dem Brockhaus und mit Atlanten? Oftmals sind ältere Urkunden noch handschriftlich ausgefüllte Formulare, die nur mit viel Mühe lesbar sind. Das ist dann der Zeitpunkt, wo das große Recherchieren der Schreibweise von Namen und Ortschaften beginnt. Ich bin jedes Mal dankbar, dass es Google, Google Maps & Co. gibt, um die korrekte Schreibweise prüfen zu können. Oder um bestätigen zu können, dass es einen Ort oder Namen überhaupt gibt und man beim Entziffern nicht komplett daneben liegt. Ich bezweifle ein wenig, dass jede kleine Ortschaft, die heute in Google Maps zu finden ist, auch in Atlanten zu finden war.
Gerade wenn man aus dem Englischen übersetzt, sind Urkunden oft nicht in Großbritannien, Irland, USA, Kanada, Australien oder anderen englischsprachigen Ländern ausgestellt. Häufig kommen sie aus Ländern wie Indien, dem Irak, Pakistan, Sri Lanka, Nigeria, Sierra Leone usw. Die üblichen Buchstabenfolgen und Kombinationen, die man aus deutschen oder englischen Wörtern kennt, unterscheiden sich oft stark, was die Sache erschwert. Nach vielen Jahren im Beruf habe ich mich nun schon etwas "eingelesen" und komme wesentlich besser damit zurecht.
Online-Recherche
Trotzdem nutze ich gerade bei handschriftlichen Urkunden immer auch die Online-Recherche, um mich zu vergewissern, dass ich richtig gelesen oder "geraten" habe. Wenn man dann auf der Karte die Ortschaft und den zugehörigen Kreis oder Bezirk findet, der z. B. auf einer Geburtsurkunde oder Heiratsurkunde angegeben ist, kann man sich sicher sein, richtig entziffert zu haben. Selbst Vornamen und Nachnamen kann man oft durch Googlen bestätigen, da diese nie ganz einzigartig sind und meist in bestimmten Regionen verbreitet vorkommen.
Die korrekte Schreibweise von Namen ist so wichtig, wenn es um die Ausstellung neuer Papiere wie z. B. Eheurkunden geht. In meiner eigenen Familie gab es aufgrund von alten Urkunden jahrelang zwei verschiedene Schreibweisen meines Mädchennamens. Da hatte es eines Gerichtsbeschlusses bedurft, damit alle Namen gleich geschrieben werden konnten. Solche Probleme kann man vermeiden, wenn man schon beim Übersetzen darauf achtet, dass alles korrekt wiedergegeben ist.
Urkundenübersetzen ist weit vielfältiger als gedacht und alles andere als langweilig. Und die Geschichten der Menschen dazu sind immer wieder spannend.